Du hast mir grad geschrieben, dass ich um 22 Uhr bei dir sein kann.
Das freut mich, dann kann ich zumindest für eine Stunde neben dir abschalten und einfach neben dir liegen und dich atmen hören. Das beruhigt irgendwie.. Ich hoffe, wir können uns heute darauf einigen, dass wir im Kontakt bleiben und du dich irgendwann, nach einer ungewissen Zeit, freuen wirst/kannst, mich zu sehen.

Ich weiß nicht, ob ich heute noch schaffe, hier über unser Treffen zu schreiben, wenn nicht, dann spätestens morgen.

Ich habe nie gedacht, dass dieser Tag so schnell kommen würde. Ich wusste, irgendwo tief in mir drinne, dass er kommen muss, aber in keiner meiner Vorstellungen habe ich ahnen können, dass dieser Moment schon vor der Tür steht. Dieser Ort hat mich jahrelang begleitet, dieser Ort hat mit mir meine Trennungen erlebt, meine Tränen, mein Glück, meine Hoffnung und so vieles mehr.
Ich habe dort Menschen kennengelernt und Menschen von mir gehen sehen. Da war der Anfang und das Ende von so vielen Sachen. Ich kann mich an die erste Begegnung noch sehr gut erinnern, mit Menschen an meiner Seite, die jetzt seit langem nicht mehr präsent sind in meinem Leben. Diese Atmosphäre der Harmonie, diese schwache und gemütliche Beleuchtung, die ruhigen Gespräche in den Räumen, das Lachen der Menschen und das ständige Vorbeilaufen der Kellner, die mit der Zeit so vertraut geworden sind. Die Auswahl am Essen war nicht sehr gross, aber ich brauchte trotzdem immer eine Ewigkeit, bis ich mich entscheiden konnte, obwohl ich die Karte, mit der Zeit, schon auswendig gelernt habe. Es gab immer das Gleiche, nur die Tageskarten änderten sich, wobei ich immer das Gefühl hatte, dass sie trotzdem gleich blieben. Zumindest für mich. Genauso wie Ausstattung der Räume, die sich, wie ich vor kurzem erfahren musste, ab und zu ändert. Doch das Gefühl der Geborgenheit, der Liebe, der vollkommenen Ruhe und der Wärme, waren immer präsent. Es hat sich einiges verändert in meinem Leben, aber immer wenn ich dort war, ist die Zeit wie stehengeblieben. Die Ruhe ist eingekehrt, meistens auch die Zufriedenheit und die Harmonie. Dieser Ort war schon immer von großer Bedeutung. Leider musste ich seit kurzem feststellen, dass dieser Ort doch nicht so neutral gewesen ist, wie ich es mir immer gedacht habe. Obwohl so viele Menschen mit mir dort gewesen sind, gab es eine Person, die dieses Café geprägt hat, die ein Teil davon wurde. Im wahrsten Sinne des Wortes. Immer wenn ich da bin, ist sie präsent, ob ich es will oder nicht. An verschiedenen Tischen, draussen, auf der Terrasse, neben mir. Immer da. Egal wie viele Menschen kommen und gehen, die Person ist jetzt für immer da. Sie hat mir eines der wichtigsten Orte weggenommen. Es ist wie besetzt von dir..oder besessen? Die Stimmung der Traurigkeit ist nicht zu übersehen. Mich verfolgt das Gefühl, dass sich dort alles verändert hat, obwohl, wenn ich genau hinschaue, alles gleich geblieben ist. Und doch werde ich das Gefühl nicht los, dass alles anders ist. Ich fühle mich sehr unwohl, traurig, allein. Dieser Ort ist einfach nicht mehr in der Lage, mich aufzumuntern, mir Kräfte zu geben. Das ist nicht mehr das, was es war irgendwie. Oder bin ich das? Wenn ich dort bin, will ich wieder weg, es ist kalt, laut und sie servieren anders. Es sind ständig fremde Gesichter, die Kellner sind weg (oder kommt es mir nur so vor?), die Atmosphäre auch. Du hast diesem Café, einem Teil von mir, die Seele weggenommen und die Hülle einfach gelassen, das Gefühl hab ich momentan. Ich weiss nicht, wie du es geschafft hast. Oder warst du es, der diesem Ort die Seele gab? Gibs zu.
Fakt ist, diese Woche musste ich mich davon trennen. Nicht mal das konnte ich so machen, wie es dieser Ort eigentlich verdient hat. In Ruhe. Es wird immer ein Teil von mir haben, für immer.
Nichts wird sich ändern dort, nur, dass ich nie wieder da sein werde.
Aber dafür viele andere lachende und glückliche Menschen, denen dieser Ort Harmonie, Ruhe und Liebe schenkt.
Danke Academie, dass du da warst für mich, so lange.
In ewiger Liebe, ich.